Die Lehre am Institut Wohnen und Entwerfen
Integraler Bestandteil der Lehre bedürfnisgerechter und zukunftsfähiger Formen des Wohnungsbaus ist die Sorge für deren ökologisch-energetische, soziale und ökonomische Nachhaltigkeit. Hierzu gehört auch die verstärkte Auseinandersetzung mit dem Bauen im Bestand. Das beginnende Jahrhundert weist bereits jetzt die ersten tiefen Spuren einer großen globalen Wende auf. Eine der wesentlichen Ursachen dieser Wende ist uns allen seit langem bekannt: der unaufhaltsame Rückgang fossiler Brennstoffe. Der zunehmende Energiehunger einer weiter weltweit ansteigenden Bevölkerung wird den Wohnungsbau mit großer Wucht erfassen. Hier sind alle Ebenen betroffen: sowohl einzelne Elemente (Wohnung und Gebäude) als auch in ihrer ganzen Komplexität (Stadt).
Ein halbes Jahrhundert nach dem Erscheinen von Konrad Wachsmanns „Wendepunkt im Bauen“, Stuttgart, 1959, der das industrialisierte und vorgefertigte Bauen als Wendepunkt sah, stellen sich zusammenfassend aus der Basis der Lehrerfahrung und der Büropraxis die wichtigsten Wendemarken im Wohnungsbau wie folgt dar: 1. Mensch und Gesellschaft, 2. Stoff und Energie, 3. Raum und Zeit. Die größte Nachhaltigkeit bieten dauerhaft genutzte, langlebige Gebäude, selbst wenn sie eine größere energetische Anfangsinvestition erfordern. Aber welche Merkmale müssen Gebäude aufweisen, die eine hohe „Halbwertszeit“ erfordern? Sie müssen, um den frühzeitigen Abriss zu vermeiden, vor allem schön sein! Auch wenn die Fachwelt selbst untereinander – und mit der Nicht-Fachwelt – über diesen Begriff streitet, stellt er aus meiner Sicht einen Schlüssel dar, obwohl Schönheit sich auf keine Formel bringen lässt. „Schönheit als Wert“ diese streitbare Forderung geht in kurzfristigen Renditebetrachtungen meist unter. Die Erfahrung der Vergangenheit lehrt uns, dass meist nur wertgeschätzten, schönen Gebäuden dauerhafter Erfolg beschieden ist. Dieser Erfolg muss kombiniert werden mit einer belastbaren Gebäudestruktur, die Veränderungen zulässt. Flexibilität im Wohnungsbau wird zu einem der wichtigsten Ziele, um Anforderungen, die sich jetzt noch nicht abzeichnen, auch in Zukunft gerecht zu werden. Die betrifft im ganz wesentlich die Größe und Organisation der Wohnräume.
Die Herausforderungen an den künftigen Wohnbau sind enorm. Da wir schon heute die wesentlichen Inhalte für die städtebaulichen Strukturen und Gebäude bis zum Ende dieses Jahrhunderts legen, ist ein Überdenken von Werten, die sich am derzeitigen Überfluss einerseits und gesetzlichen Mindeststandards andererseits orientieren, unausweichlich. Noch können wir mit den bestehenden geistigen und materiellen Ressourcen die Wende zu einer zukunftsfähigen Wohnbauarchitektur schaffen!
— Prof. Dr. Thomas Jocher, Institutsdirektor
Lehrangebot Wohnen und Entwerfen
Lehrangebot Architektur- und Wohnsoziologie
Informationen zum Lehrangebot
Bachelor
(Wohnen und Entwerfen)
In der Grundlehre des Studiengangs B.Sc. Architektur und Stadtplanung erwerben die Studierenden in der Gebäudelehre architektonische Grundregeln zur Planung von Gebäuden unterschiedlichen Typs. Diese Grundregeln orientieren sich am Nutzer, also am menschlichen Maß, an der Funktion oder den Funktionen und am Kontext des Gebäudes, immer stärker auch an den einzelnen Tätigkeiten, die darin ausgeübt werden und zusehends weniger an einem klar benannten Gebäudetyp. In der zweiten Hälfte des Bachelor-Studiums werden im Wohnbauseminar ergänzend die Grundlagen des Wohnungsbaus und dessen unterschiedliche Tendenzen und aktuellen Herausforderungen vermittelt. Die erworbenen Grundregeln der Gebäudelehre werden in diesem Zusammenhang für den Wohnungsbau vertieft. Der Entwurf bildet den Kern der Lehre. Das erworbene Wissen wird praktisch erprobt. Die Aufgaben widmen sich inhaltlich dem Thema Wohnen, untersuchen aber jeweils unterschiedliche Schwerpunkte.
Master
(Wohnen und Entwerfen)
Der Entwurf steht auch im Studiengang M.Sc. Architektur und Stadtplanung im Zentrum der Lehre. Die Aufgabenstellungen werden umfangreicher und komplexer, das Wohnen bleibt inhaltlich bestimmend wird aber durch andere Bereiche ergänzt. Integrative Lösungen werden erwartet, die gesellschaftliche Aspekte, Auswirkungen auf das direkte Umfeld und die Stadt sowie technische, ökonomische und ökologische Entwicklungen mit berücksichtigen. Parallel werden neue Ansätze und Sondergebiete des Wohnens im Entwurf experimentell erforscht. Das Wohnbauseminar im Master-Studium baut auf dem gleichnamigen Seminar des Bachelor-Studiums auf. Das Grundlagenwissen wird vertieft und erweitert, verschiedene Sonderthemen des Wohnens werden behandelt. Die Lehre folgt insgesamt dem Leitbild eines konsekutiven Studiengangs an der Fakultät Architektur und Stadtplanung. Als Abschluss erwirbt man einen allgemeinen Master of Science Architektur und Stadtplanung. Voraussetzung für die Zulassung zur Masterarbeit ist die erfolgreiche Teilnahme an einem Entwurf am Instituts sowie am Wohnbauseminar im Rahmen des Master-Studiums. Ziel der Lehre ist ein vertieftes Verständnis der Wechselwirkungen zwischen Individuum und gebauter Umwelt im weitesten Sinne, die im Wohnen in vielschichtiger Weise am unmittelbarsten in Erscheinung treten.
Grundlagen der Gebäudelehre
(Wohnen und Entwerfen)
Die typologische Zuordnung der tradierten Gebäudelehre ist überholt. Die gegliederte, nach Funktionen organisierte Stadt der Moderne bestand aus Gebäudetypen, die einem ganz bestimmten Zweck gewidmet waren. Entwickelt haben sie sich aus den Bausteinen der gründerzeitlichen Stadt des 19. Jahrhunderts: das Bürgerhaus, die Mietskaserne, das Kaufhaus, die Fabrik, die Schule, das Rathaus, das Theater usw... Mit der fortschreitenden Entwicklung zur Informationsgesellschaft verändern sich unsere Lebensformen und mit ihnen auch die dazu passenden Gebäude. Besonders innovativ sind neue Kombinationen von Gebäudenutzungen. Enge Mischungen mit dem Wohnen werden dort möglich, wo von modernen Dienstleistungen nur noch reduzierte Belastungen ausgehen. Oft sind die neuen Verbindungen erwünscht um die sozialen Defizite unserer Leistungsgesellschaft auszugleichen. In diesem dynamischen Umfeld greift die herkömmliche Vermittlung architektonischer Regeln anhand bestimmter Gebäudetypen nicht mehr. Bei der Konzeption neuer Räume und Gebäude geraten dagegen die darin ausgeübten Tätigkeiten immer stärker in den Blickpunkt. Eine dazu passende Gebäudelehre muss sich noch intensiver mit allen Grundlagen unserer Tätigkeiten auseinandersetzen, um mit den anstehenden Veränderungen im Bauen Schritt zu halten, sie mit vorzubereiten und schließlich auch zu vermitteln. Die Grundlagen der Gebäudelehre werden in Vorlesungen gelehrt und in mehreren Kurzübungen im Wintersemester gelernt.
Entwurf
(Wohnen und Entwerfen)
Integraler Bestandteil des Entwurfs bedürfnisgerechter und zukunftsfähiger Formen des Wohnungsbaus ist die Sorge für deren ökologisch-energetische, soziale und ökonomische Nachhaltigkeit. Hierzu gehört auch die verstärkte Auseinandersetzung mit dem Bauen im Bestand. Als geradezu selbstverständlicher Sache erscheint zunächst der Begriff des Wohnens. Ein Irrtum. Hinter der Fassade des alltäglich gewohnten Wohnens hat in der Vergangenheit ein großer Umbau stattgefunden. Die über lange Zeit konstanten Lebensziele 2/3/4 (2 Kinder/3 Zimmer/4 Räder) mit stabilen Arbeitsbedingungen haben sich stark verändert. Den rasant fortschreitenden Veränderungen konnten die auf Dauerhaftigkeit angelegten Gebäude nur in geringem Umfang folgen. Aber wie flexibel können oder müssen Gebäudestrukturen sein? Und in welchem Umfang ist die äußere Gestalt davon betroffen? Und ist die Fassade als Schnittstelle des Privaten zum Öffentlichen in gleicher Weise berührt? Oder können die wechselnden Anforderungen verborgen bleiben und damit ein tradiertes Bild der Stadt weitergeführt werden? Wohnungsbau ist immer auch Städtebau! Das Ergebnis der strikten funktionalen Trennung von Wohnen und Arbeiten ist aufgehoben zugunsten einer städtischen Vielfalt. Kandinsky hat auf die Bitte mit einem Wort die Welt und die Gesellschaft des 20. Jahrhunderts zu beschreiben geantwortet: „Das Wort heißt UND“. Das gilt bis heute.
Wohnbauseminar
(Wohnen und Entwerfen)
In diesem Seminar werden vertiefte Kompetenzen für Entwurfsentscheidungen im Wohnungsbau erarbeitet. Das Seminar setzt sich aus drei Teilen zusammen: Erstens, Vorlesungen: in einer Vorlesungsreihe erfolgt die systematische Analyse und Diskussion von unterschiedlichen Wohnbaukonzepten, Wohnbautypen und relevanten aktuellen wohnbauspezifischen Themen. Zweitens, Vortragsreihe: Architektinnen und Architekten berichten aus der Praxis. Drittens, Übungen: Wesentliche Bausteine des Wohnbauentwurfs, wie z.B. Gebäude- und Grundrisstypen, Erschließungssysteme werden in mehreren Kurzübungen vertieft.
Seminarreihe „Can you feel it?“
(Wohnen und Entwerfen)
Viele Aspekte in der Architektur sind messbar oder können überprüft werden: erforderliche Maße und Flächen, Anordnung und Größe von Mobiliar, das Nutzerverhalten oder die Energieeffizienz. Wie aber ist es um das emotionale Erleben von Räumen bestellt? Wie messen wir den Wohlfühlfaktor von Raumgefügen? Wie reagieren wir auf Helligkeit oder Farbigkeit eines Raumes? Wie definieren wir Gemütlichkeit, Intimität, Geborgenheit oder Anonymität und Kälte, wenn wir über die Qualität von Räumen sprechen? Die Seminarreihe „Can you feel it?“ untersucht Atmosphären vergleichend in Film, Literatur, Kunst und Architektur. Eine Annäherung erfolgt über theoretische und praktische Übungen zum Thema. Ein Seminar als Versuch über die Bewertung und Messbarkeit von Stimmung und Atmosphäre im Raum.
Lehre Allgemein
(Architektur- und Wohnsoziologie)
Wer Architektur und Stadtplanung als Berufsziel gewählt hat, studiert eine Wissenschaft die sich mit Gebäuden und Menschen beschäftigt. Gebautes und Geplantes betrifft Menschen, Gebäude, Städte, Dörfer, öffentliche Raume, Regionen, Territorien etc. Dies wiederum betrifft Soziales und Gesellschaftliches, wissenschaftlich zusammengefasst also „Soziologie“. In der Wahlfachgruppe Soziologie am IWE erfolgt eine intensive sozialwissenschaftliche Auseinandersetzung mit diesen Themen in ihrer Relevanz für Architektur und Stadtplanung. Es werden Fragen der Architektur- und Wohnsoziologie vertieft und insbesondere die Nutzerperspektive in den Fokus gerückt. Zudem erfolgt eine intensive Beschäftigung mit stadtsoziologischen Inhalten, soweit diese ebenfalls Relevanz für Architektur und Stadtplanung haben. Dabei werden fundierte Kenntnisse stadtsoziologischer Themen, wie Segregation, Urbanität, Reurbanisierung, öffentlicher Raum oder schrumpfende Städte erworben.
Bachelor
(Architektur- und Wohnsoziologie)
Wer Architektur und Stadtplanung als Berufsziel gewählt hat, studiert eine Wissenschaft die sich mit Gebäuden und Menschen beschäftigt. Gebautes und Geplantes betrifft Menschen, Gebäude, Städte, Dörfer, öffentliche Raume, Regionen, Territorien etc. Dies wiederum betrifft Soziales und Gesellschaftliches, wissenschaftlich zusammengefasst also „Soziologie“. In der Wahlfachgruppe Soziologie am IWE erfolgt eine intensive sozialwissenschaftliche Auseinandersetzung mit diesen Themen in ihrer Relevanz für Architektur und Stadtplanung. Es werden Fragen der Architektur- und Wohnsoziologie vertieft und insbesondere die Nutzerperspektive in den Fokus gerückt. Zudem erfolgt eine intensive Beschäftigung mit stadtsoziologischen Inhalten, soweit diese ebenfalls Relevanz für Architektur und Stadtplanung haben. Dabei werden fundierte Kenntnisse stadtsoziologischer Themen, wie Segregation, Urbanität, Reurbanisierung, öffentlicher Raum oder schrumpfende Städte erworben.
Master
(Architektur- und Wohnsoziologie)
Je nach Kapazität wird ein Seminar zur Architektur-, Stadt- und Wohnsoziologie, Stadtsoziologie bzw. Stadt-land-Forschung angeboten. Im Seminar Architektur, Stadt- und Wohnsoziologie erfolgt eine intensive sozialwissenschaftliche Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Themen, die Relevanz für Architektur und Stadtplanung besitzen. Insbesondere wird die Nutzerperspektive berücksichtigt. Die Studierenden erhalten fundierte Kenntnisse über soziale und gesellschaftliche Themen, wie Wandel des Wohnens, Architektur als Beruf, soziale, generative oder kulturelle Mischung oder Urbanität. Im Seminar Stadtsoziologie setzen sich die Studierenden intensiv mit stadtsoziologischen Themen auseinandergesetzt, die Relevanz für Architektur und Stadtplanung besitzen. Sie erwerben fundierte Kenntnisse stadtsoziologischer Themen, wie Segregation, Urbanität, öffentlicher Raum oder schrumpfenden Städte. Das Lehrangebot des Fachgebiets ergänzt eine Entwurfs- und Projektarbeit: Schwerpunkt empirische Sozialforschung, die in der Regel im Sommersemester angeboten wird. In der Projektarbeit erfolgt eine intensive Auseinandersetzung mit aktuellen und zukunftsweisenden Fragestellungen in Architektur und Stadtplanung. Es werden soziale und gesellschaftliche Themen, wie Wandel des Wohnens, Architektur als Beruf, soziale Mischung oder urbane Vielfalt vertieft. Das Seminar Stadt-Land-Forschung bietet einen diskursiven Rahmen um zentrale Schriften der Stadtforschung intensiv zu lesen und zu analysieren. Neben der Lektüre von Texten soll es auch möglich sein, aktuelle Forschungen und theoretische Arbeiten im Kontext der Stadtforschung vorzustellen und zu diskutieren. Es werden Gastreferenten eingeladen, die über interessante Forschungen informieren.
Weitere Informationen, Projekte, Publikationen, etc. aus dem Bereich Architektur- und Wohnsoziologie finden sie hier.